Berliner Baum- & Grünpflege im Klimawandel
Bausteine für Handlungsbedarf
Der längst eingesetzte Klimawandel ist von Heißzeiten und anhaltenden Dürre- und Trockenperioden begleitet. Damit gehen zunehmende Gefährdungen menschlicher Gesundheit und wachsende Folgekosten einher. Gleichzeitig wachsen unübersehbar Gefahren für die Natur, die über unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit mitentscheidet. Gerade Bäume sind es, die für uns (über)lebenswichtig sind. Sie sind der zentrale Baustein des Öko-
systems. Sie sorgen täglich für die Speicherung von Kohlendioxid, produzieren viel Sauerstoff, sind wirksame Staubfilter, spenden Schatten, Kühle und sorgen für Erholung, sind Lebensraum und Nahrungsquelle für viele nützliche Insekten. Deshalb gilt es Berlins „Grüne Lungen“ und seine grünen Adern – die Bäume entlang der Straßen – gut zu pflegen, damit der gesamtstädtische Organismus keinen Schaden nimmt.
Dafür habe ich am 5. Februar 2019 beim Berliner Wasserrat im Zuge eines kurzen Vortrages ein paar Vorschläge unterbreitet. Ein Kernpunkt ist das gießen und pflegen von gefährdeten Straßen-baumbeständen. Sinnvoll erscheint der Aufbau einer Task Force bei der Berliner Stadtreinigung. Das sollte mit einem kleinen Teil ihres großen Fahrzeugbestandes und den eigenen Betriebsbrunnen möglich sein. Die flexibel ausgerüstete Task Force kann in regenarmen Monaten, Hitze- und Dürreperioden zwischen Anfang Mai und Ende September zum Einsatz kommen.
Dieser Vorschlag wie auch andere können dem nachstehend beigefügten Beitrag entnommen werden können:
Naturschutz im Klimawandel
Naturschutz ist für die Gesellschaft unerläßlich, weil Ökosysteme zugleich Naturressource und Lebensgrundlage für den Menschen bilden und bestimmte Zwecke zu erfüllen haben. So stellen sie Ökosystemdienstleistungen gratis zur Verfügung wie Grundwasseranreicherung, Holzproduktion, Kohlenstoffspeicherung, Nahrungsmittel oder Klimaregulierung auf lokaler und regionaler Ebene.
Spätestens der Klimawandel zwingt dazu, die bisherigen Grundsätze und Handlungsstrategien des Naturschutzes zu überdenken. Bislang ist der Naturschutz statisch, konservierend ausgerichtet. Schlagworte hierfür sind der Eigenwert der Natur und deren Schutz um ihrerselbst willen. Dieser Weg ist durch einen dynamischen Ansatz abzulösen, der anpassungsfähig an sich wandelnde Umweltbedingungen ist. Der Klimawandel stresst und belastet die Biodiversität in ihrer ganzen Breite und Vielfalt. Entscheidendes Ziel ist, dass sie in allen Bereichen und in größtmöglichem Umfang in den Landschaftsräumen erhalten wird. Das kann nur erreicht werden, wenn seitens des Naturschutzes die Senkung der Verletzlichkeit (Vulnerabilität) der Biodiversität im Mittelpunkt steht und zugleich der Schutz des Klimas erreicht wird. Hierfür ist ein adaptives Vorgehen der beste Weg. Das erfordert auch den Umgang mit Unsicherheiten und Nichtwissen. Anvisierte Ziele sollten deshalb kontinuierlich überprüft und angepasst werden.
Vor diesem Hintergrund ist bereits im Jahre 2012 eine sehr lesenswerte und kenntnisreiche Studie erschienen, die an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung (FH) Eberswalde durch die Herausgeber Pierre L. Ibisch, Stefan Kreft und Vera Luthardt mit weiteren Autoren erarbeitet wurde (http://www.hnee.de/klimawandel-naturschutzstrategien-buch). Sie befasst sich mit der „regionalen Anpassung des Naturschutzes an den Klimawandel“ in Brandenburg, stellt vor dem Hintergrund der eingangs genannten neuen Herausforderungen für den Naturschutz Strategien und methodische Ansätze zur Erhaltung der Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen vor und schließt mit Bausteinen für eine zukünftige Klimawandel-Anpassungsstrategie. Mit Blick auf das Große und Ganze macht die Studie deutlich, das anstelle seltener oder gefährdeter Biodiversität solche treten soll, die sich vorrangig auf Resilienz (Toleranz eines Systems gegenüber Störungen) und ökosystembasierte Anpassungsfähigkeit der Landschaft richtet. Letzteres heißt, dass der Naturschutz zum Erhalt der Biodiversität – und mithin auch seltener und gefährdeter - möglichst breit und vorrangig an möglichst großen und funktionstüchtigen Schutzobjekten mit größter Wirkungsschwere als auch größter Wirkungsreichweite anzusetzen hat. Solche Schutzobjekte sind Wälder, Moore und das Grünland. Sie tragen maßgeblich zu Resilienz, Selbsterhalt, Anpassungsfähigkeit und Weiterentwicklung von Landschaft bei.
Kontroverse Debatte zum Begriff „Wildnis“ im Naturschutz
Der Begriff „Wildnis“ hat seit geraumer Zeit eine wahre Renaissance in der Naturschutzliteratur erfahren. Ist es berechtigt und sinnvoll, diesen Begriff zu verwenden, wenn sich die hierzulande anzutreffende Vielfalt an Tieren und Pflanzen in einem jahrhundertelangen Entwicklungsprozess einer Kulturlandschaft herausgebildet hat? Gibt es wirklich noch bei uns Naturlandschaften mit fast unberührter, wildnisgleicher oder zumindest wildnisähnlicher Natur? Was würde passieren,wenn man hierzulande Offenlandschaften (alle Biotoptypen, die nicht zum Wald zählen) mit ihrer Artenvielfalt sich selbst überlassen würde? Dann verschwindet langfristig das gewohnte Landschaftsbild und mit ihr die daran angepasste, zu schützende Tier- und Pflanzenwelt. Eine solche „Wildnisentwicklung“ würde unter hiesigen Bedingungen ohne menschlichen Eingriff von der Verbuschung über Vorwaldstadien letztlich zu einem je nach Bodentyp unterschiedlich ausgeprägten Wald mit der darin beheimateten Tier- und Pflanzenwelt führen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesamt für Naturschutz (BfN) denn auch in einer Kurzinformation zu „Natura 2000 und Wildnis“ daraufhingewiesen, das „bei der Entwicklung des Managements für ein Natura 2000-Gebiet erwogen werden“ sollte, „ob Flächen dem Prozessschutz unterworfen werden können und durch welche Maßnahmen ggf. die Entwicklung zum Wildnisgebiet unterstützt werden kann. Allerdings ist dies nicht zulässig, wenn dabei im Zuge von Sukzession, Waldentwicklung oder Wiedervernässung Lebensraumtypen und Arten verdrängt werden, die zu den Schutzgütern des Gebiets zählen. Bei Neuausweisungen von Totalreservaten, Wildnisgebieten oder Veränderungen der Kernzonen von Nationalparken sollte daher grundsätzlich eine Prüfung erfolgen, ob wertvolle geschützte Offenlandlebensräume oder Arten in erheblichem Umfang betroffen sind. Falls ja, müssen die Wildnisentwicklungsgebiete so modifiziert werden, dass vermeidbare Konflikte mit den Zielen der FFH-Richtlinie nicht entstehen. Das Natura 2000-Netz bietet in großem Umfang Raum für Wildnisentwicklungsgebiete, ohne dass dadurch wertvolle Lebensräume und Arten des Offenlands beeinträchtigt werden müssten“. Man kommt allerdings insGrübeln, wenn seitens des BfN die Begriffe „Wildnis“ bzw. „Wildnisgebiete“ in Anlehnung an die IUCN-Kategorie Ib (IUCN = Weltnaturschutzunion) im Sinne der Bewahrung von ursprünglicher Wildnis definiert werden und als dafür geeignete Flächen beispielsweise Bergbaufolgelandschaften oder ehemaligeTruppenübungsflächen genannt werden.
Schließlich sind Schutzgebiete der Kategorie Ib (Wildnisgebiet) „i. d. R. ausgedehnte ursprüngliche oder (nur) leicht veränderte Gebiete, die ihren natürlichen Charakter bewahrt haben, in denen keine ständigen oder bedeutenden Siedlungen existieren; Schutz und Management dienen dazu, den natürlichen Zustand zu erhalten“. „Vorrangiges Ziel“ ist, soweit solche Wildnisgebiete ausgewiesen sind, der „langfristige Schutz der ökologischen Integrität“ solcher „natürlicher Gebiete, die frei von störender menschlicher Aktivität erheblichen Ausmaßes und von moderner Infrastruktur geblieben sowie überwiegend den Kräften der Natur und den natürlichen Prozessen unterworfen sind, so dass heutige und künftige Generationen die Möglichkeit haben, diese Gebiete zu erleben“. Es wird deutlich,dass hier eine andere Wildnis gemeint sein muss, als die (für mich nur vermeintlichte) Wildnis eines Truppenübungsplatzes, auf der sich seltene, schützenswerte Tier- und Pflanzenarten angesiedelt haben.
Im Bereich des Naturschutzes sind es nur wenige, die den Begriff „Wildnis“ kritisch hinterfragen. Einer davon ist Dr. Günter Heise, seit Jahrzehnten in der Uckermark im Naturschutz verwurzelt. Zwei seiner kenntnisreichen und engagiert geschriebenen Beiträge, die sich immer wieder auch auf konkrete Brandenburger Beispiele beziehen, sind nachstehend abgedruckt.